Patenschaft für Stolpersteine
Diese Messingtafeln, die im Straßenpflaster integriert sind, erinnern an Opfer des NS-Regimes. Der Künstler Gunter Demnig verlegt sie mittlerweile in ganz Deutschland. Während in Bayern noch darüber diskutiert wird, ob dies ein angemessenes Gedenken darstellt, sorgten die Schülerinnen und Schüler des Leistungskurses von Frau Baumann dafür, dass die Steine aus dem Grau des Pflasters herausblinken und damit ihre Funktion wahrnehmen können. Mitten im Alltag bringen sie im wahrsten Sinne des Wortes Aufklärung: Auch in Leverkusen wurden Juden diskriminiert, misshandelt und verschleppt.
[Text und Fotos: K. Büsch]
Albert Joseph war mit Bertha Stiel verheiratet. Sie hatten eine Tochter namens Gertrud und lebten in der Kölner Straße 15. In der Kölner Straße 67 hatte er ein Bekleidungsgeschäft. Nachdem mit der Übernahme der Macht durch die Nationalsozialisten die Boykottmaßnahmen immer massiver wurden, musste Albert Joseph 1938 sein Geschäft aufgeben. Seine Frau Bertha wanderte nach Palästina aus. 1940 floh Albert Joseph mit seiner Tochter über Belgien nach Frankreich, wo er 1942 verhaftet worden sein muss. 1943 wurde er nach Majdanek deportiert. Sein Todesdatum ist unbekannt. Das Schicksal von Gertrud Joseph ist nicht geklärt
Helene, Antonie und Emma Benjamin stammten aus Aschendorf an der Ems (heute Papenburg). Die unverheirateten Schwestern kamen zusammen mit ihrer verwitweten Mutter Julie um 1909 nach Opladen und eröffneten ein Manufakturwarengeschäft in der Kölner Str. 22. Inhaberin war die älteste Schwester Helene, die das Haus 1918 kaufte und um 1925 umbauen ließ. Antonie und Emma Benjamin arbeiteten im Geschäft. Ältere Opladener erinnern sich, dass die Mutter häufig neben der Kasse saß und erwähnen die Freundlichkeit und Großzügigkeit der Schwestern. Bis 1933 hatten die vier Frauen ein gutes Auskommen. Weil ab 1933 immer weniger Kunden kamen, musste Helene Benjamin das Geschäft 1936 schließen. Nach dem Tod der Mutter im November 1936 zogen die drei Schwestern nach Köln in das „Judenhaus“ Ehrenfeldgürtel 134. Nach dem Tod ihres Mannes zog Antonies Zwillingsschwester Anna Hartog zu ihren Schwestern. Am 22.10.1941 wurden die vier Schwestern vom Bahnhof Deutz-Tief ins Ghetto Litzmannstadt (Lodz) deportiert. Dort lebten sie in der Zimmerstraße 24 zusammen mit sieben anderen Personen in zwei Zimmern. Am 5. Mai 1942 wurden die Schwestern in das Vernichtungslager Kulmhof (Chelmno) „ausgesiedelt“ und dort kurz nach ihrer Ankunft ermordet.
Der Direktor des Aloysianums (ab 1913), der früheren erzbischöflichen Schule für Jungen, legte sich mehrfach mit den Nazis an, verbat seinen Schülern die Teilnahme an Veranstaltungen der NSDAP. Am 31. Dezember 1937 wurde er als geistlicher Direktor des Aloysianums abgesetzt und von den Nationalsozialisten wegen „angeblicher Bedrohung“ vorübergehend in Schutzhaft genommen. Opladen durfte er nicht mehr betreten. Seinen Willen brach das NS-Regime aber nie. Während Mitbürger auf dem Birkenberg Bücher verbrannten oder die Synagoge ansteckten, kämpfte Peter Neuenheuser bis zur Schließung des Aloysianums im März 1938 gegen die Machthaber an. Er starb 1940.
Der Opladener Siegmund Salomon heiratete 1910/11 Sophia Herz und bekam mit ihr drei Kinder: Bertha, Else und Günter. Sie lebten in der Kölner Straße 54 und besaßen eine kleine Metzgerei mit vielen Stammkunden aus Opladen und Umgebung. Siegmund Salomon engagierte sich auch in der jüdischen Gemeinde und fungierte dort als Vorsteher der Synagoge. Als die Nazis begannen, auch in Opladen jüdische Familien zu diskriminieren und deren Geschäfte zu sabotieren, blieb auch die Familie Salomon nicht verschont. An manchen Tagen belagerten SA Soldaten das Geschäft und fotografierte die Kunden, um sie davon abzuhalten, in einem jüdischen Geschäft zu kaufen. Kunden, die verbeamtet waren, glich man anhand der entstandenen Fotos ab und prangerte sie in der Zeitung an. Um diesem Verhalten der Soldaten etwas entgegen zusetzen, zog Siegmund Salomon seine Uniform an, denn er hatte im I. Weltkrieg gekämpft und sich das Eiserne Kreuz verdient. Verwirrt zogen die SA Soldaten ab. Aber nur vorübergehend.Der jüngste Sohn der Salomons, Günter, erlebte in der Schule den Antisemitismus. Er wurde aus dem Klassenverband ausgeschlossen, indem er gegen seinen Willen umgesetzt wurde. Dieses Verhalten der Lehrkräfte machte aus ihm einen Schulabbrecher. Während die beiden Töchter fliehen konnten, mussten sich Siegmund, Sophia und Günter am 26. Oktober 1941 auf dem städtischen Schlachthof in Düsseldorf Derendorf mit vielen anderen Juden versammeln. Am Morgen des 27. Oktobers begannen Soldaten die Familien unter widrigsten Umständen in Züge zu verladen und in das Ghetto nach Litzmannstadt (Lodz) zu bringen. Im September 1942 wurde die Familie in das Vernichtungslager Kulmhof gebracht und dort ermordet. Else überlebte als einzige den Holocaust.
Texte zu Salomon und Neuenheuser: Iris Baumann (LLG), zu Benjamin und Joseph: Gabriele John (Stadtarchiv)