„The key to security“ – Das Sitzungsthema

Den Schlüssel zur Sicherheit konnte bisher noch niemand finden und im Schloss umdrehen. Davon, dass die Türschwelle noch nicht überschritten wurde, legen nicht zuletzt der Bürgerkrieg in Syrien, der Ukraine-Konflikt sowie terroristische Aktionen wie der Anschlag auf das französische Satire-Magazin „Charlie Hebdo“ Zeugnis ab.

Vier Tage lang wurde deshalb die „Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik“ der Europäischen Union im Rahmen der Regionalen Auswahlsitzung des Europäischen Jugendparlaments im Landrat-Lucas-Gymnasium in seinen unterschiedlichen Facetten diskutiert. Abstrakt und sehr weit weg scheint das Sitzungsthema zu sein. Davon betroffen fühlt sich kaum einer, denn was gehen einen die Vorgehensweise und die Kooperation an den Unionsgrenzen schon an? Die einzig vertretbare Antwort auf diese Frage, die eine sicherlich verbreitete erste Reaktion darstellt, lautet: eine Menge!

[Alle Fotos: Europäisches Jugendparlament in Deutschland e.V.]

Denn obgleich Deutschland im Herzen Europas gelegen ist und dessen Grenzen eine ganze Urlaubsreise entfernt sind, sind außen- und sicherheitspolitische Fragen gegenwärtig enorm wichtig. Die Probleme, mit denen wir konfrontiert sind, finden ihre Schranken unlängst nicht mehr an den einzelnen Staatsgrenzen, sondern tragen eine internationale Dimension in sich, die Gefahr und Chance zugleich ist, jedenfalls aber Zusammenarbeit gebietet. Dass die Europäische Union aktuell scheinbar nur auf dem Papier zusammenwächst und Rufe nach Solidarität fortlaufend verstummen, anstatt sich Gehör zu verschaffen, ist ein Phänomen, das angesichts der aktuellen Weltlage nur schwer tragbar ist.

Die „Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik“ als Einrichtung zwischenstaatlicher Kooperation wurde durch den Vertrag von Maastricht im Jahr 1993 eingeführt. Die Europäische Union hat sich dadurch die Wahrung des Friedens, der europäischen Werte, die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zum Kern haben, und die Liberalisierung der Wirtschaft zur Aufgabe gemacht. Nun, 22 Jahre später, hat sich gewiss schon Wirkung gezeigt. Die EU sieht sich aber neuen Herausforderungen gegenüber, die einer Lösung bedürfen, für die eine grundlegende Neustrukturierung wohl erforderlich sein wird.

Kriege gab es schon immer. Doch zahlreiche Krisenherde auf der Welt haben Flüchtlingsströme zur Folge, die für die Union des jahrzehntelangen Friedens ein bis dato nicht vorstellbares Ausmaß annehmen. Die wirtschaftlichen Probleme innerhalb der EU lassen sich nur stockend bewältigen und erschweren die Hilfsmöglichkeiten für das nichteuropäische Ausland ungemein, auch wenn Deutschland nach wie vor auf dem Treppchen der größten Exporteure steht. Unzeitgemäße Praktiken der Unterdrückung wie die weibliche Genitalverstümmelung sind noch immer ein weit verbreitetes Problem. Demokratie und die Wahrung der Menschenrechte sind vielerorts noch eine Utopie. Die scheinbare Notwendigkeit militärischer Interventionen, denen jedoch ethische Konflikte und unberechenbare Folgen gegenüber stehen, schafft ein kaum lösbares Dilemma.

Doch was hat das alles mit Leverkusen zu tun? Außen- und Sicherheitspolitik wird nicht erst in Lampedusa oder auf der Krim relevant. Leverkusen liegt inmitten des Rheinlands, das für seine Vielfalt bekannt ist, es liegt inmitten Nordrhein-Westfalens, das einem besonders großen Flüchtlingszustrom aus aller Welt ausgesetzt ist. Als bedeutender Industriestandort ist der Außenhandel ein unentbehrliches Lebenselixier für die Stadt und die Globalisierung ein nicht zu vernachlässigender Faktor. Die Stadt im Zentrum Europas macht das greifbar, was man für eine Exklusivität der europäischen Grenzen hält.

Außen- und sicherheitspolitische Angelegenheiten betreffen uns auch nicht erst, wenn sie unsere Landesgrenzen überschritten haben. Sie betreffen uns bereits an dem Punkt, an dem unser Selbstverständnis des Friedens, der Freiheit und der persönlichen Integrität in Gefahr gerät und sobald wir diesen Widerspruch billigen. Die „Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik“ ist kein Randthema. Sie entscheidet über die Zukunft. Und sie macht das Erfordernis eines Europas, das eine starke Stimme in der Welt hat, die zu erheben es fähig und bereit ist, allzu deutlich.

Die Themen, mit denen die Jugendlichen sich in ihren Ausschüssen in Leverkusen beschäftigt haben, betreffen nicht „die anderen“, sondern sie selbst und zugleich uns alle. Leverkusen war nicht nur für eine Woche Europa auf der Suche nach dem Schlüssel zur Sicherheit. Europa ist auch Leverkusen.

Sarah Dersarkissian

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